Lohnt es sich, für einen neuen Job umzuziehen?

Lohnt es sich, für einen neuen Job umzuziehen?
Wer Wohnortwechsel in Betracht zieht, kann oft schneller Karrieresprünge machen. Foto: Christin Klose/dpa-tmn

Neuer Job, neue Stadt? Einen Umzug für eine andere Stelle nehmen Menschen eher ungern in Kauf - und schon gar nicht leichtfertig. Flexibel zu sein kann sich aber lohnen, vor allem für Einsteiger.

 

Hamburg/Nürnberg (dpa/tmn) - Die Wahrscheinlichkeit, dass die beste Job-Option direkt von der Haustüre liegt, ist gering. Aber wären Sie bereit für eine neue Stelle den Wohnort zu wechseln? In den meisten Fällen lautet die Antwort auf diese Frage wohl: Nein.

«Berufsbedingte Mobilität ist mit Kosten und Nutzen verbunden», sagt Sebastian Bähr vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg. «Der Nutzen ist aber für viele nicht so hoch, dass er die Kosten decken würde.» Das kann auch ein attraktives Stellenangebot oft nicht ändern.

 

Ob ein Umzug eine Option ist, hängt aber stark von den individuellen Rahmenbedingungen ab. «Es gibt Leute, für die ist ein Umzug und ein Regionswechsel harmlos», stellt Volker Klärchen fest. Der Karriere-Coach hat immer wieder mit Klienten zu tun, die vor der Frage stehen: Umziehen oder nicht?

 

Je früher, desto einfacher

Der Schritt ist umso einfacher, je weiter man am Anfang seiner Laufbahn steht. «Wenn man keine Kinder hat, kein Haus, keine Wohnung, keinen Partner, dann ist das auch eine Chance», sagt Klärchen. Dass sich ein Regionswechsel vor allem zu Beginn der beruflichen Laufbahn anbietet, kann Bähr bestätigen. «Mobilität lohnt sich für eine Gruppe von Erwerbstätigen richtig: Berufseinsteiger können schneller Einkommenssteigerungen erzielen, wenn sie mobil sind - und profitieren dann auch länger davon.»

 

Häufiger umzuziehen kann laut Bähr aber ganz unabhängig von der Berufserfahrung eine Strategie sein, um Karrieresprünge zu machen. «Man kommt oft schneller voran, wenn man Mobilität zeigt, als sich bei einem Arbeitgeber hochzuarbeiten.» Auch wer sich aus der Arbeitslosigkeit heraus bewerben muss, hat automatisch mehr Angebote zur Verfügung, wenn er den Umkreis der Stellensuche erweitert.

 

Aber wie oft ist oft genug und was ist zu viel? «Mit dem Ortswechsel ist es wie mit dem Firmenwechsel», sagt Klärchen. «Ab und zu zeigt es Flexibilität, zu oft wirkt es sprunghaft.» Irgendwann sollten Berufstätige sehen, dass sie bei einem Unternehmen ankommen. Sonst glauben potenzielle künftige Arbeitgeber nicht mehr, dass ein Bewerber auch wirklich bleiben wird.

 

Der Schritt ins Ungewisse

Auch wenn es karrieretechnisch Sinn macht, klar ist: «Ein Standortwechsel ist immer ein Schritt ins Ungewisse», so Bähr. So wisse man nie genau, wie sich die Optionen in den nächsten Jahren entwickeln. Daher müsse man schon gut überlegen, ob ein Umzug auch dann noch eine sinnvolle Entscheidung sei. Wichtig sei, im Vorhinein so viele Informationen wie möglich zu sammeln. «So kann man vergleichen. Und das bezieht sich nicht nur auf die Stelle, sondern auch auf das neue Umfeld, in dem man leben wird.»

 

Ganz praktische Überlegungen sollten immer mit in die Entscheidungsfindung einfließen. «Etwas, das ich auch echt oft erlebe: Jemand fasst den Entschluss, nach München umzuziehen, weil die Gehälter viel höher sind. Allerdings ohne zu bedenken, dass auch die Lebenshaltungskosten viel höher sind», erzählt Klärchen. Man sollte also Zeit und Mühen investieren, und zum Beispiel nach potenziellen Wohnungen recherchieren - um zu sehen: Was würde das Leben in der neuen Region überhaupt kosten?

 

Laut Bähr spielt auch psychologische Konstitution eine Rolle, also die Frage: «Traue ich mir das überhaupt zu?» Da müssen Berufstätige und Bewerber vor allem sich selbst gegenüber ehrlich sein.

 

«Ich hatte eine Kundin, die war eher introvertiert», erzählt Volker Klärchen. Mit dem beruflichen Neustart in einer anderen Stadt, nahm sie sich vor, mehr aus sich herauszugehen. Es fiel ihr aber in der neuen Stadt sogar noch schwerer. «Ich würde daher immer sagen, dass man solche Dinge lösen sollte, bevor man umzieht.»

 

Vor der Entscheidung sollten Jobwechsler daher verschiedene Szenarien durchspielen: Was ist eigentlich, wenn etwas nicht klappt? Was mache ich, wenn ich noch in der Probezeit feststelle, dass es doch nicht passt? Bin ich mir tatsächlich im Klaren, auf was ich mich einlasse? Auch Heimweh sei ein unterschätztes Thema, so der Coach.

 

Privat muss es passen

Heinz Ostermann, Vorsitzender des Verbandsbereichs Personalvermittlung im Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister, sagt: «Ein Standortwechsel muss privat genauso ins Leben passen wie beruflich.» Für eine Top-Position von Berlin nach München umzuziehen, sieht zwar auf dem Papier erstmal gut aus. «Wenn dann aber zum Beispiel der Ehemann, der Partner oder die Kinder nicht mitspielen und die gesamte Familie unglücklich ist, dann wird es auch schwer sein, beruflich gute Leistungen zu erbringen.»

Einen beruflich Neuanfang in einer neuen Stadt als eine Art Reset zu nehmen um von vorne zu starten, kann aber ebenso problematisch sein. «Wer den Umzug nutzt, um sich einem Problem zu entziehen und darauf hofft, dass dann alles anders ist, stellt dann in der Regel fest, dass er das Thema mitgenommen hat», so Klärchen.

 

Wer sich trotz aller Bedenken entschieden hat, dem gibt Klärchen als ganz praktischen Tipp mit auf den Weg: «Auch wenn ein Arbeitgeber nicht dazu verpflichtet ist, den Arbeitnehmer beim Umzug zu unterstützen, lohnt es sich, das im Vorstellungsgespräch zum Thema machen.» Das Unternehmen kann zum Beispiel Umzugskosten übernehmen, oder aber mit Kontakten aushelfen - etwa bei der Wohnungssuche. «Fragen kostet nichts.»

 

Von Amelie Breitenhuber, dpa