Was soll ich nach dem Studium machen!

Immer mehr Nischenprofile durch steigende Anzahl an Studiengängen

Wer Architektur studiert, wird Architekt. Klar. Immer speziellere Studienfächer machen die Stellensuche aber zunehmend zur Herausforderung. Experten erklären, welche Strategien weiterhelfen.

 

Köln/Jena (dpa/tmn) - Ein Masterabschluss in Planung nachhaltiger Gebäude? Oder einen Bachelor in Innovationsmanagement der Sozialen Arbeit? Wer einen speziellen Hochschulabschluss mitbringt, steht bei der Jobsuche erstmal vor der Frage, was er überhaupt werden soll.

 

Über 20 000 Studiengänge verzeichnet der Hochschulkompass der Hochschulrektorenkonferenz derzeit. Und jährlich werden es mehr, wie eine Studie des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) von 2017 zeigt. So hat die Vielfalt der Studiengänge in den vergangenen Jahren in allen Fächergruppen zugenommen. Wie finden diese Spezial-Absolventen einen passenden Beruf?

Bernd Slaghuis, Karriereberater aus Köln, rät ihnen zunächst zu überlegen: «Was ist mir im Beruf in den nächsten Jahren wichtig? Möchte ich Spezialist bleiben, oder mich erst einmal breiter aufstellen?» Entsprechend sollten Bewerber auch ihre Suche gestalten und Schlagworte wählen, die sie bei Job-Plattformen eingeben.

 

Stellensuche mit passenden Keywords angehen

Das richtige Schlagwort zu finden, ist ein erster zentraler Schritt für die Stellensuche. Nicht nur Stellenbörsen, sondern auch Suchmaschinen oder Business-Netzwerke helfen weiter. «Und bei der Suche nach Jobtiteln auch an die englischen Versionen denken», so Slaghuis.

 

Der Karriereberater Matthias Schwarzkopf hält es für die beste Strategie, die im Studium erworbenen Kompetenzen als Suchbegriffe zu verwenden. «Deswegen muss ich mir zuerst überlegen, welche fachlichen und persönlichen Qualifikationen ich mitbringe.»

Welche Module hat man im Studium belegt, welche Zusatzkurse absolviert, welche Praktika gemacht? Diese Fragen bringen Aufschluss. Für die Soft Skills überlegt man etwa: Wie stark bin ich in der Kommunikation, wie stark bin ich der Interaktion, kann ich gut im Team arbeiten?

 

«Wenn Sie mit Ihren fachlichen Kompetenzen suchen, dann lichtet sich das erstmal unübersichtliche Feld der Jobtitel und Stellenprofile wieder. Dann sieht man schnell, was es gibt», sagt Schwarzkopf. Wer also Innovationsmanagement in der Sozialen Arbeit studiert hat, könne für die Stellensuche Schlagworte wie Kreativität, Altern oder Generationsübergreifendes Wohnen versuchen. Es lohne sich auch, den Managementbegriff herunterzubrechen oder ganz allgemein mit Sozialer Arbeit loszulegen.

 

Welche Arbeitgeber gibt es in der Branche?

Slaghuis rät, bei der Stellensuche nicht nur nach Ausschreibungen auf Jobportalen zu suchen, sondern auch direkt bei interessanten Arbeitgebern. «Wer in bestimmten Branchen oder Regionen sucht, kann so gezielter Arbeitgeber finden und auf deren Karriereseiten die offenen Stellen sichten.»

 

Am besten führen Bewerber dann zwei Listen: Eine mit vielversprechenden Arbeitgebern und eine zweite mit Jobtiteln, die zu dem eigenen Profil beziehungsweise zu den Kompetenzen passen. Auch über die Stellenseiten der Arbeitgeber lassen sich wiederum Titel finden, die dann zur Weitersuche genutzt werden können.

 

Die Wahl der Jobbörse kann für Spezialisten zu einer Wissenschaft an sich werden. «Die Welt der Jobbörsen ist unfassbar groß», sagt Slaghuis. Kreativität hilft auch hier. Denn: Nicht nur große Metasuchmaschinen können für Spezialisten zum Erfolg führen, sondern auch regionale Anbieter oder spezielle Nischenangebote - etwa für Berufe im Bereich Ökologie oder in Non-Profit-Organisationen.

Schwarzkopf rät, neben Stellenportalen und den Webseiten der Arbeitgeber auch eigene Netzwerke zu nutzen. Das können entweder Bekannte oder Freunde sein, die in interessanten Unternehmen arbeiten. Oder solche, die selbst wiederum große Netzwerke haben, von denen Bewerber profitieren können.

 

Viele Arbeitgeber sind zudem in Berufs- oder Unternehmensverbänden organisiert. «Mein Geheimtipp sind diese Bündler, wie ich sie nenne», sagt Slaghuis und erläutert: «Wer etwa eine Stelle im Solaranlagenbau sucht, der findet beim Bundesverband der Solarwirtschaft eine Liste mit über 500 Mitgliedsunternehmen.»

 

In Lebenslaufdatenbanken nicht zu speziell geben

Manchmal findet auch der Arbeitgeber oder ein Personalvermittler den Bewerber – meist über das Internet. «Und je mehr Schlagworte Jobsuchende den einschlägigen Datenbanken zur Verfügung stellen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit dafür», erklärt Heinz Ostermann vom Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister.

 

Auf entsprechenden Portalen sollten Spezialisten ihr Fachwissen daher nicht zu nischig halten. «Wenn ich meine Informationen zur Verfügung stellen möchte, dann sollte ich meine Expertise so breit und umgangssprachlich darstellen wie möglich», so der Personalexperte. Statt zum Beispiel nach Bioenergie würden Personalvermittler wohl eher nach dem Begriff erneuerbare Energien suchen.

 

Wer eine passende Ausschreibung gefunden hat, muss nicht immer alle geforderten Kriterien zu 100 Prozent erfüllen. «Bewerber sollten sich nicht von den Anforderungen abschrecken lassen, sondern sich zuerst fragen, ob sie Lust auf die Aufgaben bei diesem Unternehmen haben und sie sie sich selbst zutrauen», so Slaghuis. Gibt es dann bei den Anforderungen in der Anzeige kein absolutes K.-o.-Kriterium, sollten sie keine Scheu haben, sich zu bewerben.

 

So vermitteln Bewerber ihre Fähigkeiten dem Personaler

Im Anschreiben sollten Bewerber mit einem speziellen Hochschulabschluss vor allem auf die Stelle eingehen, nicht nur auf ihre Expertise. Und im Bewerbungsgespräch selbst gehe es darum, dem Gegenüber verständlich zu machen, was man kann und wer man ist, erklärt Personal-Fachmann Ostermann.

 

«Wenn mir der Personaler im Interview den Eindruck vermittelt, er weiß nicht, was ein Innovationsmanager macht, dann bleibe ich besser bei den Grundlagen.» Wenn das Unternehmen aber schon Innovationsmanager eingestellt hat, könne man auch tiefer einsteigen.

 

Slaghuis gibt Bewerbern für das Vorstellungsgespräch mit auf den Weg: «Nicht rechtfertigen, sondern Klarheit schaffen, warum die Entscheidung damals auf dieses spezielle Studium gefallen ist.» Wichtig ist dem Experten zufolge, dass sich beide Seiten über ihre Vorstellungen und gegenseitigen Erwartungen an eine Zusammenarbeit austauschen. Ob und wie Expertenwissen aus dem Studium zum Einsatz kommt oder andere Fähigkeiten viel entscheidender sind, hängt von der jeweiligen Position ab.