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13. - 26. August 2019

14 Arbeitsrecht & mehr Jobwoche.de

 Aus dem Arbeitsrecht                                                 Lügen im Vorstellungsgespräch? Keine gute
                                                                      Idee. Wer etwa auf die Frage nach den eigenen
 Darf der Chef Angestellte zur                                        Softwarekompetenzen flunkert, riskiert, dass
                                                                      der Arbeitgeber später das Arbeitsverhältnis
 Weiterbildung verpflichten?                                          anficht. FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT / DPA

   In der Regel sehen Beschäftigte eine Fortbildung als Chance.       Erlaubte
   Manchmal möchten sich Arbeitnehmer aber vielleicht auch            Unwahrheit
   nicht in neue Aufgaben einarbeiten - oder sie sehen einfach
   nicht ein, warum sie im agilen Arbeiten geschult werden sol-       Darf ich im Bewerbungsgespräch
   len. Müssen Arbeitnehmer an der Weiterbildung teilnehmen,
   die der Chef anordnet?                                             Softwarekompetenzen? Klar!          gemäß antworten. Also etwa,
                                                                      Mehrere Jahre Berufserfah-          wenn es um die Berufserfahrung
   In der Regel lautet die Antwort auf diese Frage: Ja. In manchen    rung? Aber ja! Ein bisschen         oder die persönliche Verfügbar-
   Berufsgruppen gibt es sogar Fortbildungspflichten. Etwa für        flunkern gehört bei der Be-         keit geht.
   Fahrpersonal, Betriebsärzte oder Fachanwälte, die jährlich eine    werbung dazu, oder? Doch
   bestimmte Stundenzahl an Fortbildung für ihr Fachgebiet nach-      dürfen Bewerber im Vorstel-         Manche Lügen sind erlaubt
   weisen müssen, erklärt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht.   lungsgespräch lügen? Das
                                                                      kommt auf die Fragen an, die        Wer eine berechtigte Frage
   «In Berufsgruppen, in denen das nicht geregelt ist, ergibt sich    der Arbeitgeber stellt.             wahrheitswidrig beantwortet, ris-
   diese Verpflichtung zur Weiterbildung zum Teil aus den Arbeits-                                        kiert, dass der Arbeitgeber das
   oder Tarifverträgen», so Meyer, der in der Arbeitsgemeinschaft     «Grundsätzlich hat der Arbeit-      Arbeitsverhältnis anficht oder
   Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) tätig ist. Aber       geber ein Fragerecht bei Bewer-     kündigt. Meyer nennt ein Bei-
   selbst wenn nichts explizit geregelt ist, müssen Arbeitnehmer in   bern. Er muss überprüfen, ob der    spiel: Wer sich auf eine Stelle im
   der Regel an Weiterbildungen teilnehmen. Ein Kfz-Mechatroniker     Bewerber für die ausgeschriebe-     Call Center bewirbt, bei der man
   etwa, der künftig die Reparatur der neuesten Fahrzeuggeneration    ne Position geeignet ist», erklärt  mit Kunden-Kreditkartendaten
   des Arbeitgebers übernehmen soll, braucht zunächst eine            Peter Meyer, Fachanwalt für         arbeitet, muss auf Nachfrage
   Fortbildung. «Qua Direktionsrecht kann der Arbeitgeber den         Arbeitsrecht in Berlin. Auf alle    wahrheitsgemäß offenlegen, ob
   Arbeitnehmer bei sich verändernden Aufgaben im Rahmen seines       Fragen, die im Zusammenhang         er Vorstrafen zu Vermögens-
   Berufs anweisen, auch an entsprechenden Fortbildungen teilzu-      mit den betrieblichen Anfor-        delikten hat. In einem solchem
   nehmen», sagt Meyer                                                derungen an die Position stehen,    Fall habe der Arbeitgeber ein
                                                                      müssen Bewerber wahrheits-          berechtigtes Interesse, diese
   Wer sich weigert, riskiert eine Abmahnung. Eine Kündigung ist
   Meyers Ansicht nach jedoch eher schwer durchzusetzen. Der Kfz-
   Mechatroniker könnte sich ja möglicherweise weiter um die
   Modelle der älteren Produktionslinien kümmern. Meyer warnt
   jedoch: Wer sich weigert, an Fortbildungen teilzunehmen, riskiert
   auch, ersetzt zu werden. Ältere Arbeitnehmer etwa, die sich keine
   neuen Softwarekenntnisse mehr aneignen möchten, bekommen
   nicht selten eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses angeboten.

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